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Theoretische Industrie-Fallstudie BASF und HeidelbergCement Outside-in Case Study

Die beiden Unternehmen wurden für eine rein theoretische Simulationsreihe prototypisch angenommen,

(1) da sie relativ nahe beieinander liegen, also potentiell Skaleneffekte realisieren können, und

(2) da sie sich in einer Region mit relativ hohem Sonnen- und Windaufkommen befinden.

Beide Unternehmen haben weite Teile ihres Energiebezugs bereits auf erneuerbare Energien umgestellt und streben CO2-Neutralität für die Zukunft an.

Die Fallstudie ist ohne Beteiligung der Unternehmen erstellt worden und soll lediglich theoretisch und beispielhaft zeigen, wie die Versorgung von großen Industriestandorten mit dezentral erzeugten erneuerbaren Energien im Jahr 2050 aussehen könnte.

Bei sämtlichen Daten und Angaben zu den Unternehmen handelt es sich um Schätzungen, die auf Basis von öffentlich zugänglichen Informationen vorgenommen wurden.

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Energiebänder können auf Industriestandorte zulaufen und diese mit grünem Strom versorgen: eine theoretische Fallstudie mit BASF und HeidelbergCement

Für BASF und HeidelbergCement (HC) können mithilfe von Energiebändern an den Autobahnen und Bundesstraßen in ihrer Region 5,6 TWh/a Strom generiert werden. Lässt man die Energiebänder gezielt zu Windparks hin verlaufen, so kommen rund 2,4 TWh/a Strom aus Windkraft hinzu.

Von diesen 8 TWh/a Strom kann rund 1 TWh/a in Batteriespeichern für den Nachtbetrieb gespeichert werden, und rund 3 TWh/a Strom können in die Produktion von Wasserstoff gesteckt werden, um diesen dann theoretisch (a) für Wasserstofftankstellen in der Region, (b) für die Verbrennungsprozesse bei HeidelbergCement und (c) für beide Unternehmen im Winter zur Stromerzeugung zu nutzen. Die verbleibenden rund 4 TWh/a stünden als Strom potentiell der BASF, HC und –in geringfügigen Teilen- auch dem lokalen Netz zur Eispeisung sowie den E-Tankstellen in der Region zur Verfügung.

HeidelbergCement und BASF haben wie die meisten Konzerne in Deutschland das erklärte Ziel, bis 2050 CO2-neutrale Energiequellen zu nutzen

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Mathias Ernert -ernert.com

Bei der vorliegenden Fallstudie handelt es sich um eine theoretische Simulation, die sich nicht an dem aktuellen Energieversorgungsportfolio der beiden Unternehmen orientiert. Diese haben bereits in erneuerbare Energien investiert und decken entsprechend ihren Bedarf auch schon zu einem Teil aus erneuerbaren Energien:

So produziert HeidelbergCement beispielsweise in einigen Werken bereits Zement mit klimaneutralem Brennstoffgemisch (39% Wasserstoff, 12% Tiermehl sowie 49% Glyzerin ) unter Einsatz von Wasserstofftechnologie; in der Transportbetonsparte hat das Unternehmen auf Grünstrom umgestellt, u.v.m.

Die BASF deckte 2021 bereits über 16% ihres weltweiten Strombedarfes aus erneuerbaren Energien.

Entsprechend wurde die Stromversorgung beider Unternehmen durch Energiebänder rein theoretisch als „Case Study“ simuliert, um zu zeigen, wie generell Industriestandorte in Deutschland zukünftig versorgt werden könnten – insbesondere wenn eines schwerpunktmäßig Strom und das andere in signifikanten Mengen Wasserstoff benötigt.

Eine theoretische Fallstudie: Mit Energiebändern aus dem Umland der BASF und HeidelbergCement AG können ca. 5,6 TWh/a Strom brutto erzeugt werden

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Die einzelnen in Frage kommenden Bundesfernstraßen-Abschnitte in der Region wurden erfasst und analysiert

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Der Stromertrag (DC) pro laufendem Kilometer wurde mit 1000 bifazialen schwarzen PV-Modulen (1m x 1,5m) berechnet

Unter Berücksichtigung der Richtung der Module wurde der Stromertrag (DC) der Anlagen mittels Polysun-Software in 15° Richtungswinkel-Intervallen von 0° (Südseite) bis 180° (Nordseite) simuliert und mit Interpolation für 5° Richtungswinkel-Intervalle errechnet. Die Straßen wurden in Richtungsabschnitte unterteilt, so dass für jedes Richtungssegment ein Wert ermittelt werden konnte.

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Bei der Schattenanalyse mittels PVsyst-Software wurde für jede Richtung der Einfluss von der Verschattung der oberen Solar-Reihe auf die untere Solar-Reihe berücksichtigt. Sodann wurden die Verschattungs-Faktoren durch Interpolation errechnet

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Für die Bundesfernstraßen-Abschnitte wurde die stündliche Photovoltaik-Stromerzeugung über ein Jahr hinweg simuliert

Zusätzlich zur Photovoltaik-Ernte der Energiebänder wurden die Windanlagen in der Region ebenfalls erfasst – Das Ziel: möglichst umfassenden Volatilitätsausgleich zu schaffen, um Speichermengen für die Nacht und Wintermonate zu reduzieren

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Um Volatilität in der Strom-Erzeugung auszugleichen, wurden die Erträge aus Windparks in der Nähe der beiden Industriestandorte, zu denen die Energiebänder hin verlaufen, ebenfalls in die Simulation mit aufgenommen – auch wenn derzeit der Strom dieser Windparks bereits auf Jahre verkauft ist 

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Das Windprofil von 5 Standorten in der Region wurde als Grundlage für die Simulation der Windenergie-Ernte genommen - auf Stundenbasis für die Dauer eines Jahres

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Die Simulation erfolgte mit SAM-Software (System Advisor Model).

Um die Simulationen zu vereinfachen, wird der gewichtete Durchschnitt der stündlichen Windenergie ausgewertet, wobei davon ausgegangen wird, dass sich 20% der Windturbinen in der Nähe von Standort 1, 20% von Standort 2, 10% von Standort 3, 25% von Standort 4 und 25% von Standort 5 befinden. Die gewichteten Windprofile sind in die Polysun-Software importiert und das gesamte Energiekonzept auf Stundenbasis für die Dauer eines Jahres simuliert worden.

Bei weiteren Case Studies gilt es zu berücksichtigen: 2,4 TWh/a werden von diesen Windparks erzeugt. Sobald jedoch die hier betrachteten relativ alten Windturbinen modernisiert werden, können 6,3 TWh/a Strom erzeugt werden.

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Sodann wurde in Szenarien analysiert, wieviel Energie der Wasserstoffproduktion dienen und wieviel in Batterien gespeichert werden sollte

Der Großteil der Energie von Energiebändern wird durch Photovoltaik tagsüber bzw. im Sommer eingesammelt.

Um diesen Strom für die Nacht oder kurzfristige sonnenarme Perioden zu speichern, bieten sich Batterie-Systeme an.

Wasserstoff als Stromspeicher für Stromrückgewinnung im Winter hingegen wurde im vorliegenden Beispiel gering gehalten wegen des Platzbedarfs und der vergleichsweise niedrigen Effizienz.

Stattdessen wurden fast 3 TWh der insgesamt erzeugten 8 TWh Strom in die Produktion von Wasserstoff gesteckt, um damit sowohl grüne Produktionsprozesse bei HeidelbergCement als auch Wasserstoff-Tankstellen in der Region zu versorgen.

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Ca. 0,8 TWh Strom wird pro Jahr in ca. 670 Batterien gespeichert, entladen werden ca. 77% davon

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An den meisten Tagen des Jahres werden die Akkus mindestens einmal vollständig aufgeladen und entladen - an Tagen mit wenig Sonne oder Wind jedoch werden die Akkus nur teilweise geladen und entladen

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Simuliert man die tägliche Stromerzeugung durch PV und Windanlagen, wird deutlich, dass zwar ein hoher Volatilitätsausgleich stattfindet, aber zur Deckung des Strombedarfs dennoch Netzbezug – vor allem im Winter – notwendig ist

In den Simulationen wurde das Stromverbrauchsprofil von einem Standard-Industriestandort verwendet

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Aus 80% des Stromüberschusses werden 54.200 Tonnen Wasserstoff durch PEM Elektrolyseure produziert – nutzbar für die Herstellung von grünem Zement bei HC und für Wasserstoff-Tankstellen in der Region

80% des Stromüberschusses (2,86 TWh/a) werden in PEM Elektrolyse verbraucht, um 54.200 Tonnen Wasserstoff zu produzieren. Der Rest wird ins Nezt eingespeist.

Wollte man 54.200 Tonnen Wasserstoff bei 350 bar komplett zu einem Zeitpunkt speichern, und zwar in Tanks mit einem Durchmesser von 3,6 m und einer Länge von 15 m, wäre eine Gesamtfläche von 1,3 km2 dafür notwendig. Da die benötigte Speicherkapazität wegen des täglichen Wasserstoffverbrauchs jedoch viel kleiner ist, wird lediglich (grob geschätzt) eine Fläche von 0,8 km2 benötigt.

Sowohl die Tanks als auch die entsprechenden Elektrolyseure können   - mit Lüftungs- und Wartungsschächten unterirdisch installiert werden.

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Die Verwendung des durch PV und Windanlagen erzeugten Stromes wurde über das Jahr hinweg simuliert, und der potentielle Netzbezug, der Eigenstromverbrauch sowie die Wasserstoffproduktion wurden für die beiden Unternehmen sowie Tankstellen in der Region definiert

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Die Nutzungsoptimierung durch Batterien sowie die permanente Umwandlung von überschüssigem Strom in Wasserstoff führt dazu, dass so ein Energiebändersystem für BASF und HC einen hohen jährlichen Autarkiegrad von durchschnittlich 91% aufweist

Im Sommer, wenn photovoltaischer Strom im Überflüss mithilfe der Energiebänder produziert bzw. eingesammelt wird, liegt der Autarkiegrad der Energiebänder bei fast 100%. Lediglich im Winter sind die Energiebänder auf den Bezug von Strom aus dem Netz angewiesen – in der Spitze mit ca. 20% ihres Bedarfes.

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Um den Autarkiegrad auf bis zu 100% zu erhöhen, könnten Brennstoffzellen verwendet werden, die im Winter gleichzeitig Strom und Wärme erzeugen können. In diesem Fall würden allerdings weniger H2-Tankstellen mit Wasserstoff versorgt

Mit 25.000 Tonnen Wasserstoff (fast die Hälfte des erzeugten Wasserstoffs) könnte 90% des Strommangels mithilfe von Brennstoffzellen, die einen Wirkungsgrad von 40% haben, gedeckt werden.

Gleichzeitig würden 0,4 TWh/a 60-65 ⁰C Wärme erzeugt. Damit könnte man im Winter Gebäude der BASF und von HC heizen.

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Mit Energiebändern könnten zwei prominente Industrieunternehmen in Deutschland den größten Teil ihres Energiebedarfes mit erneuerbaren Energien decken

Durch Energiebänder und Windanlagen in der Region können insgesamt 8 TWh/a Strom pro Jahr erzeugt werden.

Davon könnten 3,4TWh/a durch BASF und HC direkt verbraucht und 0,8 TWh/a in Li-ion Batterien gespeichert werden.

 

Zudem kann 80% des Stromüberschusses (2,9 TWh/a= 54.200 Tonnen) zur Wasserstoffproduktion verwendet werden:

1,8 TWh/a (34.100 Tonnen H2) für HeidelbergCement, um bis zu 2 Mio Tonnen Zement mithilfe dieser Energie zu produzieren und

1 TWh/a (20.100 Tonnen H2) für H2-Tankstellen entlang der Energiebänder. Damit werden 24 Tankstellen vollständig versorgt (jede Tankstelle versorgt 120 LKW pro Tag).

Mit nur 0,1 TWh/a können 80 E-Tankstellen entlang der Energiebänder versorgt werden (jede Tankstelle versorgt ca. 120 PKW pro Tag).

 

Ca. 20% der Stromüberschüsse (0,6 TWh/a) werden ins Netzt eingespeist, weil es nicht wirtschaflich ist, mit sämtlichen Stromüberschüssen Wasserstoff zu produzieren.

 

Ca. 0,7 TWh/a sind die Verluste bei Batterien, Kabeln und Weckselrichtern.

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Fazit: Energiebänder können Industrieunternehmen mit grünem Strom versorgen, der bedarfsweise für Brennvorgänge oder chemische Prozesse auch in Wasserstoff umgewandelt werden kann – verbunden mit Windparks entstehen Mini-Trassen, die Volatilität ausgleichen und die Speichervolumina für nachts und für Winterperioden senken

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